Auszeichnung
Nina Brunner wird zum dritten Mal Sportkönigin
Zwei Sozialhilfe-Bezüger haben in Baar zwei Hotelzimmer verwüstet. Der Wirt sitzt nun auf 10’000 Franken Schaden und verlangt Hilfe von der Gemeinde. Doch diese winkt ab. Sie sei dafür nicht zuständig.
Die Aufregung war letzte Woche gross. «Reiches Baar, ganz knausrig», titelte die «Weltwoche» in ihrer letzten Ausgabe. Die SVP Baar rief daraufhin sogar zu einem Spendenaufruf für «Ebel»-Pächter Heinz Reichenbach auf. Es gehe doch nicht an, dass die reiche Gemeinde einem Gemeindemitglied nicht dabei helfe die Suppe auszulöffeln, die sie ihm selbst eingebrockt habe. Die Zuger Woche wollte es genau wissen und hat bei den Betroffenen noch einmal nachgefragt.
Wirt Heinz Reichenbach ist ein besonnener Mensch. Selbst bei kritischen Fragen der Zuger Woche bleibt er ruhig und freundlich. Wieso er denn keine Referenz beim damaligen Betreiber des «Baarbürgli» René Neuschwander eingeholt habe, wo die beiden Sozialhilfebezüger zuvor untergebracht worden seien, wollte die Zuger Woche von ihm wissen. «Ich habe erst etwas später erfahren, dass die auch dort gewesen sind», sagt Heinz Reichenbach. Der Wirt ist Anfang Jahr, während des Lockdowns, froh gewesen, zwei Zimmer für je 1200 Franken vermieten zu können. Zumal er sich keine Sorgen machen musste, dass die Miete nicht pünktlich bezahlt werden würde: Für die ist das Sozialamt Baar gerade gestanden. Umso unverständlicher ist es für ihn, dass das Sozialamt beziehungsweise die Gemeinde Baar nach der auch durch ihn ausgesprochenen Kündigung nicht willens gewesen sei, im Rahmen eines unbürokratischen Schritts zumindest die Hälfte des von den beiden Mietern angerichteten Schadens in der Höhe von 10‘000 Franken zu berappen.
Diskussionen mit der Gemeinde seien immer schwierig gewesen: «Sie versteckt sich stets hinter dem Datenschutz», sagt Reichenbach. Er wolle es sich in Zukunft gut überlegen, ob er wiederum Zimmer für «Klienten» des Sozialamts vermieten werde.
Mietverhältnis war «suboptimal»
Auch René Neuschwander, der Ex-Wirt des «Baarbürglis», wo die beiden Sozialhilfebzüger vorher wohnten, beschreibt das Mietverhältnis mit den beiden als «suboptimal». Da seien wohl Drogen im Spiel gewesen, es gab unbewilligte nächtliche Besuche und sehr oft Lärmbelästigungen. «Selbstverständlich hätte ich Heinz Reichenbach als Vorvermieter die entsprechenden Auskünfte gegeben, wenn ich von ihm kontaktiert worden wäre», sagt Neuschwander. Der im Übrigen von einer guten Zusammenarbeit mit dem Sozialamt Baar spricht.
Die Zuger Woche hat Berty Zeiter, Sozialvorsteherin, Walter Lipp, Gemeindepräsident und Beat Furrer, Leiter des Sozialamts in Baar mit den Fakten konfrontiert. Tatsächlich verweisen die drei in einer gemeinsamen Stellungnahme ganz am Anfang auf den Datenschutz. Sie beantworten daher keine konkreten Fragen, was die geschilderten Vorgänge im «Ebel» angeht.
Die von der «Weltwoche» als «knausrig» bezeichnete Gemeinde betont, dass sie an das Sozialhilfegesetz und die darauf basierende Sozialhilfeverordnung gebunden sei. «Zudem richtet sich die Gemeinde in ihrem Tun und Handeln an den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien) aus. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Sozialhilfe-Empfängerinnen und -Empfängern um mündige Menschen handelt, die für ihr Tun selbst die Verantwortung tragen. Die Gemeinde unterstützt die Menschen in einer schwierigen Lebenssituation, sie darf diese Menschen aber nicht bevormunden – dies gilt sowohl hinsichtlich der Rechte als auch der Pflichten», heisst es in der Antwort aus Baar, wo der Gemeinderat am 22. Dezember 2020 Mietzinsrichtlinien verabschiedet hat. Für eine Einzelperson betrage die Mietzinsobergrenze 1300 Franken.
Weshalb hat die Gemeinde die problematischen Mieter aus dem Maghreb nicht in einer der 25 eigenen Notwohnungen beziehungsweise in einem der acht Notzimmer untergebracht? – Diese würden nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken, lässt die Gemeinde verlauten. «Deshalb werden auch auf dem freien Markt Wohnungen und Zimmer angemietet. Dabei ist zu beachten, dass die Gemeinde die Wohnungen und Zimmer nur vermittelt.»
Mietvertrag ohne die Gemeinde
Stimmt: Der Mietvertrag wird zwischen den Vermietern und den Sozialhilfe-Empfängern abgeschlossen. Wenn – wie im vorliegenden Fall – die Gemeinde den Mietzins bezahle, sei es damit für den Vermieter transparent, dass die Mieter Sozialhilfe-Empfänger seien. «Es ist uns wichtig zu betonen, dass diese Mietverhältnisse in der Regel ohne jegliche Probleme funktionieren. Nur ausnahmsweise kommt es zu unschönen Vorfällen», heisst es weiter in der offiziellen Stellungnahme.
Grundsätzlich werde auch von allen Mieterinnen und Mietern eine Mieterhaftpflicht-Versicherung verlangt. In gewissen Fällen sei der Abschluss einer Versicherung aus formellen Gründen nicht möglich (etwa, wenn es sich um Asylbewerber handelt, Anm. d. Red.). Zudem übernehme keine Haftpflicht-Versicherung mutwillige Beschädigungen. Was im «Ebel» zweifellos der Fall gewesen ist.
«Gesetzliche Limiten» und ein fehlender «Kulanzspielraum» haben also dafür gesorgt, dass Heinz Reichenbach vom Hotel-Restaurant «Ebel» in Baar maximal 500 Franken für die Reinigung eines Zimmers erhält. Und obendrein vielleicht noch einen Solidaritäts-Zustupf aus dem Spendenaufruf der örtlichen SVP.
Roger Weill und Andy Stauber
Lade Fotos..